Der Versicherungsnehmer hatte sein Reit- und Sportpferd, welches er im Jahre 2003 für 7.500 EUR erworben hatte, mit einer „Pferde-Lebensversicherung“ abgesichert. Diese Pferde-Lebensversicherung umfasst auch…

… das Risiko der Nottötung des Pferdes und leistet in diesem Fall die Versicherungssumme.

Nach einem Zusammenbruch beim Koppelgang wurde das Pferd im Mai 2017 medikamentös eingeschläfert. Der Kläger begehrte mit seiner Klage eine Versicherungsleistung in Höhe von 2.531,25 EUR.

Das Amtsgericht Frankfurt entschied unter dem Az. 32 C 1479/18 dahingehend, dass der Verkehrswert des Pferdes und damit der Versicherungswert vor dem Zusammenbruch des Pferdes bereits auf Null gesunken sei. Das Amtsgericht Frankfurt verwies hierbei auf § 7 der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen, in denen es (sinngemäß) heißt, dass die Versicherungssumme dem Wert des Pferdes entsprechen soll. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hatte festgestellt, dass das Tier aufgrund einer vorhandenen Arthrose zum Reiten und Fahren unbrauchbar gewesen sei und weiterhin durch die Phenylbutazongabe auch nicht mehr zur Schlachtung habe zugelassen werden können. Hierzu würde bereits die einmalige Medikamentengabe genügen. In rechtlicher Hinsicht stellte das Gericht fest, dass die entsprechende Klausel in den Allgemeinen Pferde-Versicherungsbedingungen auch nicht unwirksam sei, da sie die Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteilige. Sie führen nämlich nicht stets dazu, dass der Versicherungswert Null betrage. Man könne insbesondere nicht argumentieren, dass bei jeder Nottötung auch zur Schlachtunfähigkeit führende Medikamente verwendet würden, denn es kommt auf den Zustand vor dem die Nottötung auslösenden Vorfall an; zum anderen können ein Pferd vor einem zur Nottötung führenden Vorfall durchaus gesund und reittüchtig sein.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Björn Zager, Böblingen – 11.02.2020

WIRKSAME KÜNDIGUNG AUCH OHNE KÜNDIGUNGSBESTÄTIGUNG?

Das Thema „Kfz-Versicherung“ beschäftigt jedes Jahr im November Verbraucher wie auch Versicherer. So werden jedes Jahr Stichtag Ende November eine Vielzahl von Kfz-Versicherungsverträgen durch Verbraucher gekündigt und bei einer anderen Gesellschaft, zu vermeintlich besseren Konditionen eine neue Versicherung abgeschlossen.

Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte sich nunmehr mit der Frage zu befassen…

Das Thema „Kfz-Versicherung“ beschäftigt jedes Jahr im November Verbraucher wie auch Versicherer. So werden jedes Jahr Stichtag Ende November eine Vielzahl von Kfz-Versicherungsverträgen durch Verbraucher gekündigt und bei einer anderen Gesellschaft, zu vermeintlich besseren Konditionen eine neue Versicherung abgeschlossen.

Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte sich nunmehr mit der Frage zu befassen, ob die Kündigung eines Kfz-Versicherungsvertrages auch ohne Kündigungsbestätigung durch die Versicherung wirksam wäre.

Eine Kundin der Versicherung hatte ihren Kfz-Kasko-Versicherungsvertrag bei ihrer Versicherung gekündigt. Zirka eineinhalb Jahre nach der Kündigung erlitt die Dame einen Schaden. Sie nahm ihre Kfz-Kasko-Versicherung mit der Schadenregulierung in Anspruch.

Der Kasko-Versicherer lehnte eine Leistung ab und begründete dies damit, dass das Versicherungsverhältnis aufgrund einer wirksamen Kündigung durch die Versicherungsnehmer nicht mehr bestehe. Die Anspruchstellerin wandte hiergegen ein, dass sie zu keinem Zeitpunkt eine Kündigungsbestätigung von der Versicherung erhalten habe. Sie hätte zu keinem Zeitpunkt eine Mitteilung der Versicherung erhalten, dass diese die Kündigung auch akzeptiere.

Mit Hinweisbeschluss vom 02.09.2019 (11 U 103/18) wies das Oberlandesgericht darauf hin, dass eine solche Bestätigung jedoch nicht notwendig sei. Versicherer weder darauf hinweisen müssen, dass er die Kündigung als wirksam anerkenne, noch dass er die Kündigung erhalten habe. Etwaige Zweifel hierüber hätte die ehemalige Versicherungsnehmerin ihrer Versicherung selbst abklären müssen. Die Anspruchstellerin hat die für die Kasko-Versicherung notwendigen Prämien auch nicht weiterhin an die Versicherung entrichtet, sodass sie auch nicht gegenüber der Versicherung zu erkennen gegeben habe, dass sie doch ein Interesse am Fortbestand des Vertrages hätte. Eine Aufklärungspflicht der Versicherung über ihre ehemaligen Versicherungsnehmerin auf ihren fehlenden Versicherungsschutz in der Kaskoversicherung auch nicht vorgelegen. Für das Bestehen einer solchen Aufklärungspflicht sei es notwendig, dass der Verbraucher als Versicherungsnehmer zum einen mit der Materie nicht vertraut sei und darum seinen Versicherungsschutz gefährde oder andere Nachteile erleidet. Da die Dame den Versicherungsvertrag jedoch selbst gekündigt hat, ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts hiervon nicht auszugehen.

Aufgrund des Hinweisbeschlusses hat die Anspruchsstellerin die Berufung zum Oberlandesgericht Braunschweig zurückgenommen. Das vorangegangene Urteil, das ebenfalls den Anspruch abgewiesen hatte, ist somit rechtskräftig.

Für den Verbraucher als Versicherungsnehmer ist festzuhalten, dass eine fehlende Kündigungsbestätigung der Versicherung nach erfolgter Kündigung des Vertrages nicht automatisch bedeutet, dass der Vertrag weiterhin besteht. Hier trifft den Kunden der Versicherung eine eigene Nachfrageverpflichtung.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Björn Zager

Das OLG Hamburg hat im September 2018 erneut entschieden, dass ein Versicherungsmakler seinen Kunden (den Versicherungsnehmer) während der gesamten Vertragslaufzeit über die Anpassung des Versicherungsschutzes aufgrund von außerhalb der Sphäre des Versicherungsnehmers liegenden Veränderungen zu beraten hat. Bei Veränderungen in der Sphäre des Versicherungsnehmers wie Neuanschaffungen, neue Gefahrenpotentiale oder Werterhöhungen, hat er hingegen nur zu beraten, wenn ihm diese bekannt werden. Der Versicherungsmakler ist nicht zu einer laufenden, mindestens einmal jährlich durchzuführenden Bestandsaufnahme und Überprüfung der Versicherungsverhältnisse verpflichtet.
Viele Versicherungsnehmer und auch Makler verkennen, dass der Versicherungsmakler nicht nur die einmalige Bemühung um die Beschaffung von Versicherungsschutz schuldet, sondern auch zur anschließenden umfassenden Dauerbetreuung, im Interesse des Versicherungsnehmers mit der erforderlichen Beratung über Anpassungen und Veränderungen des Versicherungsschutzes, während der gesamten Vertragslaufzeit verpflichtet ist.

Dies betrifft jedoch nur Veränderungen, die außerhalb der Sphäre des Versicherungsnehmers liegen, wie neue Versicherungsprodukte mit verbessertem Versicherungsschutz für den Versicherungsnehmer etc.

Für den Versicherungsnehmer stellt sich somit bei der Ablehnung von Versicherungsschutz durch seinen Versicherer die Frage, ob der ihn betreuende Versicherungsmakler in der dauernd geschuldeten Beratungssituation auch hinreichend und genügend auf Veränderungen der Produktpaletten der Versicherer, mit erweitertem Versicherungsschutz, hingewiesen hatte.

Falls dies schuldhaft unterblieb und der Versicherungsnehmer bei rechtzeitiger Anpassung seines Versicherungsvertrages in diesem konkreten Fall Versicherungsschutz erhalten hätte, kommt eine Haftung des Versicherungsmaklers in Betracht.

Umgekehrt ist der Makler jedoch zu einer jährlichen Komplettprüfung seines Bestandes im Hinblick auf diese Fragen pauschal nicht verpflichtet. Im Hinblick auf bestehende Haftungsrisiken ist jedoch Maklern zu empfehlen, die von ihnen betreuten Verträge, bei entsprechenden Veränderungen der Produktpaletten der Versicherer, auf Anpassungen zu überprüfen.

Sofern Veränderungen ausschließlich in der Sphäre des Versicherungsnehmers vorliegen, wie bei Neuanschaffungen, Umzug in ein anderes Haus, etc., ist der Makler nur zur Überprüfung verpflichtet, sofern ihm dies bekannt wird (vgl. hierzu insbesondere OLG Hamburg, Urteil vom 27.09.2018 – 1 U 2/18).

Das Oberlandesgericht München hatte im Jahre 2017 folgenden Fall zu entscheiden:

Ein Pkw-Fahrer blieb mit seinem Ferrari liegen. Um das Fahrzeug zu verbringen rief der Fahrer seinen Sohn an, der kurze Zeit später mit einem Audi S4 auftauchte um den Ferrari mit einem Seil abzuschleppen. Der Sohn des liegengebliebenen Autofahrers war 18 1/2 Jahre alt.

Während des Abschleppens bremste der schleppende Sohn zwei Mal so stark ab, dass der gezogene Ferrari auf den Audi auf fuhr und hierbei einen Totalschaden erlitt.

Der liegen gebliebene Ferrarifahrer wandte sich daher an seine Vollkaskoversicherung zur Regulierung des Schadens. Der zweimalige starke Bremsvorgang sei deshalb notwendig gewesen, weil ein entgegen kommender Motorradfahrer auf die eigene Richtungsfahrbahn geraten sei. Dieser Sachverhalt wurde vom Versicherer bestritten. Der Versicherer war der Ansicht, dass unfallursächlich ein Fahrfehler des abschleppenden Fahranfängers beim Abschleppvorgang gewesen sei.

Das Oberlandesgericht München entschied mit Urteil vom 24.03.2017 zu Gunsten des Versicherers. Das OLG München verwies hierbei auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen, die eine Leistungspflicht des Versicherers dann ausschließt, wenn während eines Abschleppvorganges ein Schaden verursacht wird, zu dem es allein aufgrund eines Fehlverhaltens einer beim Abschleppvorgang beteiligten Person gekommen ist.

Der Versicherer hätte zunächst darzulegen, dass eine am Abschleppvorgang beteiligte Person den Zusammenstoß verschuldet hat. Der Versicherungsnehmer hat hingegen nachzuweisen, dass die Kollision durch einen Fremden herbei geführt wurde um eine Einstandspflicht zu erreichen. In dem zur Entscheidung anstehenden Fall hatte der Ferrarifahrer zwar behauptet, dass sein ihn abschleppender Sohn so stark abgebremst habe, weil ihm ein Motorradfahrer entgegen gekommen sei. Beweisen konnte er es jedoch nicht. Weitere Umstände wie Lackspuren, Bremsspuren oder sonstige Zeichen einer Fremdbeteiligung waren nicht erkennbar.

Die Richter am Oberlandesgericht wiesen darauf hin, dass ein Abschleppvorgang ein sehr komplizierter Vorgang sei, der ständiger Aufmerksamkeit bedarf. Das gelte erst recht, wenn dabei ein Abschleppseil statt einer Stange und ein stark motorisiertes Fahrzeug verwendet werde. Es muss zum Beispiel äußerst vorsichtig Gas gegeben werden, um ein Seilreißen zu verhindern. Auch hat der Schleppende regelmäßig die Geschwindigkeit zu kontrollieren sowie darauf zu achten, dass die Spannung im Seil erhalten bleibt. Werden hier Fehler gemacht, wird also wie vorliegend zu Stark abgebremst, ist von einem unsachgemäßen Abschleppvorgang auszugehen.

Die Richter des 10. Zivilsenats am OLG München hielten eine Fremdbeteiligung an beiden Zusammenstößen für unrealistisch. Selbst wenn das erste Abbremsen durch einen Dritten hervorgerufen sein sollte, hätte es keinen Grund gegeben, kurz darauf erneut stark abzubremsen. Die zweimalige starke Bremsung zeigt viel mehr die Unerfahrenheit des Fahranfängers als schleppende Person.

Rechtsanwalt B. Zager

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Entscheidung des AG Hamburg vom 26.10.2016

Erneut bestätigt sich, dass bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen der Wortlaut entscheidend ist.

In dem vor dem Amtsgericht Hamburg verhandelten Fall wurde eine geplante Urlaubsreise 2 Tage vor dem Reiseantritt storniert. Grund für die Stornierung war der Umstand, dass die hochbetagte Mutter des Reisenden im Sterben lag und beschlossen hatte, die Nahrungsaufnahme einzustellen. Dies veranlasste den Reisenden von der geplanten Urlaubsreise Abstand zu nehmen.

Die hiermit einhergehenden Stornogebühren meldete der Reisende gegenüber der bestehenden Reisekostenrücktrittsversicherung an. Die Reisekostenrücktrittsversicherung lehnte die Leistung jedoch ab. Entscheidend hierbei ist, dass entsprechend der Versicherungsbedingungen der Reisende Versicherungsschutz genießt bei „Tod eines nahen Angehörigen“. Dass es sich bei der Mutter des Reisenden um einen nahen Angehörigen handelt, steht außer Streit. Jedoch berief sich der regulierende Versicherer darauf, dass zum Zeitpunkt der Stornierung der Tod des nahen Angehörigen gerade (noch) nicht eingetreten ist.

Diese Rechtsauffassung wurde vom Amtsgericht Hamburg bestätigt. Der „bevorstehende Tod eines nahen Angehörigen“ ist nach den Versicherungsbedingungen der Reisekostenrücktrittsversicherung nicht gleich zu setzen, mit dem Begriff des Versicherten „Tod eines nahen Angehörigen“.

Auch wenn dieses Urteil (AG Hamburg 17 aC 261/16) auf den ersten Blick seltsam anmutet, werden doch die Versicherungsbedingungen konsequent das Risiko eines bevorstehenden Todes eines nahen Angehörigen ist nicht mit versichert und auch bei der Bemessung der Versicherungsprämien außer Acht gelassen worden.

Wer im Urlaub Opfer eines Raubes wird, kann froh sein, wenn er mit einem Schrecken und seinem Leben davon kommt. Für den Verlust der Wertsachen und Gegenstände kommt eine hoffentlich abgeschlossene Reiseversicherung auf. Was passiert jedoch mit den ebenfalls entwendeten Reisedokumenten, wie Pässen und Tickets?

Hierüber musste das Landgericht Hildesheim in II. Instanz entscheiden. Durch eine strafbare Handlung während einer Urlaubsreise kamen den Reiseteilnehmern die gesamten Reiseunterlagen, Pässe und Tickets abhanden. Die notwendige Wiederbeschaffung der Unterlagen zum Zwecke der Rückreise war mit erheblichen zeitlichen, sowie auch finanziellen Aufwand verbunden.

Die betroffenen Reisenden hatten eine Reiseversicherung abgeschlossen, nach welcher erhebliche Schäden am Eigentum unter Anderem durch strafbare Handlungen im Verlauf der Reise mitversichert waren. Der klagende Versicherungsnehmer stützte sich hierauf, da er bei einem Urlaub in Chile unmittelbar vor seinem Rückflug nach Deutschland überfallen wurde und ihm hierbei Reisepass und Flugticket abgenommen worden war. Neben erheblichen zeitlichen Aufwand beliefen sich seine Kosten für die Neubeschaffung beider Dokumente auf rund 1.800,00 EUR. Seine Reiseversicherung lehnte einer Erstattungspflicht ab. In der Vorinstanz hatte der Versicherungsnehmer zwar noch weitgehend Recht erhalten, das Landgericht Hildesheim verneinte nun jedoch einen Anspruch (Urteil vom 06.01.2017, Az: 7 S 136/16).

Wenn Reiseunterlagen, Pässe oder Tickets durch strafbare Handlungen abhanden kommen, liegt hierin kein erheblicher Schaden unmittelbar am Eigentum selbst. Beim Verlust von Ausweispapieren oder Tickets ist insoweit nur der reine Sachwert der Papiere betroffen. Durch die Versicherungsbedingungen seien nur solche Schäden erfasst, die unmittelbar am Eigentum der versicherten Person eintreten. Die Aufwendungen für ein neues Ticket sowie den Reisepass sind lediglich Folgekosten, die gerade bei diesem Versicherungsvertrag nicht versichert seien.

Auch hier zeigt sich wieder, dass bereits vor Abschluss einer Versicherung eine genaue Prüfung des Umfangs der Versicherung von Nöten ist.

Nach einem selbst verschuldeten Verkehrsunfall, unmittelbar nach Wechsel seiner Fahrzeugversicherung, wähnte sich der Unfallverursacher zunächst in Sicherheit. Für den Schaden am eigenen Fahrzeug würde die Fahrzeugvollkaskoversicherung aufkommen.

Der Fahrzeugvollkaskoversicherer verweigerte jedoch eine Zahlung. Der Versicherer begründete dies damit, dass er mit einem Schreiben wirksam vom Versicherungsvertrag zurück getreten wäre und leistungsfrei sei, da die Erstprämie aus dem Kaskoversicherungsvertragsverhältnis nicht bezahlt gewesen wäre.

Voraussetzung von Rücktrittsrecht und Leistungsfreiheit ist nach § 37 VVG, dass die Erstprämie nicht gezahlt worden ist, was jedoch eine Fälligkeit der Prämienzahlung voraus setzt. Für den Streitfall bedeutete dies, dass die Erstprämie auf deren Nichtzahlung sich die Versicherung stützte, zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles bzw. zum Zeitpunkt des erklärten Rücktrittes zur Zahlung fällig gewesen sein muss. Fälligkeitsvoraussetzung der Prämienzahlung ist jedoch der Zugang des Versicherungsscheins.

Das OLG Stuttgart hat zuletzt mit Entscheidung vom 10.09.2015 (Az. 7 U 78/15) erneut darauf hingewiesen, dass der Versicherer für den Zugang darlegungs- und beweisbelastet ist. Ein Zugang des Versicherungsscheins würde nicht, auch nicht prima facie, durch die Absendung des Versicherungsscheins bewiesen werden. Es bestünden keine Erfahrungssätze, dass Postsendungen den Empfänger erreichen. Die beklagte Versicherung hatte den Zugangsbeweis nicht geführt. Das Bestreiten des Versicherungsnehmers war hierzu ausreichend.

Es liegt in der Hand des Versicherers etwaige Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Verzichtet er, wie regelmäßig, auf die Übersendung des Versicherungsscheins durch Einschreiben mit Rückschein, ist dies das Ergebnis seiner eigenen Kostenkalkulation. Dies ist ihm überlassen und kann allerdings dazu führen, dass dann die Kosten zu tragen sind, die durch Beweisfälligkeit entstehen.

Zuletzt erläuterte der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom April 2016 (IV ZR 415/14) die Anforderungen an die Anwendung der strengen Wiederherstellungsklausel in der Wohngebäudeversicherung.

Der Sachverhalt des zu entscheidenden Falles stellte sich wie folgt dar:

Der Versicherungsnehmer, der bei der beklagten Versicherung eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert unterhielt, forderte nach einem Brand seines Hauses eine Entschädigung für den Neuwertanteil.

Die beklagte Versicherung hatte in ihren VGB 2010, dort in § 28 f. (auszugsweise) die Regelung:

„Sie erwerben den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil, nur, soweit und sobald sie innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsverfalles sicherstellen, dass Sie die Entschädigung verwenden werden, um versicherte Sachen in gleicher Art-und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wieder zu beschaffen…“

Der Versicherungsnehmer hatte noch innerhalb von drei Jahren nach dem Brand auf seinem Grundstück mit dem Neubau eines Wohnhauses begonnen, welches jedoch infolge von vergrößerter Wohnfläche und einer angebauten Garage, eine um ca. 37 % höhere Grundrissfläche aufwies als das abgebrannte Haus. Eine Baugenehmigung war inzwischen erteilt, der Kläger hatte auch einen Bauvertrag nach VOB mit einem Bauunternehmen abgeschlossen, dem das Leistungsverzeichnis aus dem Obmanngutachten zu Grunde lag. Die Voraussetzungen der Sicherstellung eines Aufbaus waren somit gegeben.

Dem Kläger zwischenzeitlich der Zeitwertanteil seines zerstörten Gebäudes ausgezahlt worden. Er meinte nunmehr die Voraussetzungen für die Entschädigung des Neuwertanteiles zu erfüllen. In seiner Entscheidung stellte der Bundesgerichtshof klar, dass die strenge Wiederherstellungsklausel sich an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung ausrichtet. Der Zweck der Neuwertversicherung liegt darin, den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt. Auf diesen tatsächlichen Schaden ist der Umfang des Ersatzanspruches in der Neuwertversicherung jedoch beschränkt. Solche Aufwendungen, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht werden, soll die Neuwertversicherung nicht abdecken. Die Wiederherstellungsklausel soll die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil beschränken, der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben. Weiter zieht die Bestimmung auch auf die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers. Dieser soll davor geschützt werden, dass der Versicherungsnehmer, wie bei der freien Verwendbarkeit der Versicherungsleistung sonst gegeben, in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen. Wollte man dem Versicherungsnehmer den Zugriff auf die Neuwertentschädigung für ein abgebranntes Haus ungeachtet der Art- und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes zu freien Verwendung gestatten, wäre dadurch das subjektive Risiko erhöht. Der Versicherungsnehmer könnte versucht sein, zur Teilfinanzierung seines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbei zu führen.

Der Tatrichter muss anhand der gesamten baulichen Gegebenheiten in einem gerichtlichen Verfahren feststellen, ob das im Bau befindliche neue Gebäude des Klägers von gleicher Art- und Zweckbestimmung ist, wie das durch den Brand zerstörte.

Der Bundesgerichtshof stellt somit erneut klar, dass der Neuwertanteil lediglich zur Deckung der Mehrkosten eines Neubaus, im Umfang eines gleichwertigen Wiederaufbaues, dient (BGH Urteil vom 20.04.2016 – IV ZR 415/14).

gez. Zager

Es entspricht dem allgemeinen Brauch, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung abschließt. Von der Gebäudeversicherung umfasst ist zum einen das Gemeinschaftseigentum zum anderen auch das Sondereigentum der jeweiligen Wohnungseigentümer.
Der Bundesgerichtshof hatte im September 2016 zu entscheiden, wer eine Versicherungsleistung, bei Schaden an Sondereigentum, zu beanspruchen hat. Dies insbesondere für den Fall, in welchem das Sondereigentum nach Eintritt des Versicherungsfalles jedoch vor Leistung des Versicherers an einen Dritten veräußert wurde.

In seinem Urteil vom 16.09.2016 zum Aktenzeichen V ZR 29/16 führte der Bundesgerichtshof folgerichtig aus, dass in dem Fall, in welchem eine Wohnungseigentümergemeinschaft für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung abschließt, es sich mit Ausnahme von etwaigen Gemeinschaftseigentum, um eine Versicherung auf fremde Rechnung handelt. Versicherungsnehmer ist letztendlich die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Dies hat zur Folge, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Versicherer den Versicherungsanspruch als Versicherungsnehmerin geltend macht.

Sofern Sondereigentum betroffen ist, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft jedoch verpflichtet, für den Fall dass die Gebäudeversicherung zur Regulierung eines Schadens an dem Sondereigentum eine Versicherungsleistung an die Wohnungseigentümergemeinschaft erbringt, die Versicherungsleistung an diejenige Person auszuzahlen, der sie nach den versicherungsrechtlichen Regeln zusteht. Der Bundesgerichtshof weist hier richtigerweise darauf hin, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund des zwischen ihr und den jeweiligen Sondereigentümern bestehenden Treuhandverhältnisses verpflichtet ist, die Versicherungsleistung an diejenige Person auszubezahlen, der sie nach den versicherungsvertraglichen Regeln zusteht.

Bei der Veräußerung von Wohneigentum zwischen dem Schadenseintritt und der Versicherungsleistung kommt es insoweit nicht auf die bei der Veräußerung getroffenen vertraglichen Regelungen zum Nutzen- und Lastenübergang an. Viel mehr ist entscheidend, dass bei Anwendung des § 95 Abs. 1 VVG derjenige von der Wohnungseigentümergemeinschaft die Zahlung der Versicherungsleistung verlangen kann, während dessen Eigentümerstellung sich der Anspruch gegen die Versicherung „ergeben“ hat.

Ein Anspruch ergibt sich während der Dauer des Eigentums eines Erwerbers, wenn er erst zu diesem Zeitpunkt entstanden ist. Der Anspruch auf die Versicherungsleistung ergibt sich jedoch im Sinne des § 95 VVG grundsätzlich mit dem Eintritt des Versicherungsfalls. Ist dieser vor der Veräußerung der versicherten Sache eingetreten, steht der Anspruch auf die Versicherungsentschädigung ausschließlich dem Veräußerer zu. In seiner Person einmal entstandenen Ansprüche gehen nicht gemäß § 95 Abs. 1 VVG mit dem Eigentumsübergang auf den Erwerber über. Etwas anderes kann gelten bei Ansprüchen auf Nutzungsausfall (entgangene Miete). Der Anspruch auf Nutzungsausfall entsteht für jeden Zeitraum neu, in dem die Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigt ist. Stichtag ist insoweit der Tag des Eigentumsübergangs auf den Erwerber. Soweit es um Nutzungsausfall bis zu diesem Zeitpunkt geht ist, im Verhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft, der Veräußerer berechtigt, die Versicherungsleistung zu fordern. Nach diesem Stichtag der Erwerber.

Bei den Sanierungskosten hingegen kommt es nicht darauf an, wann die Sanierung durchgeführt wurde. Die Trocknungskosten als Bestandteil der Versicherungsleistung dienen der Reparatur des durch das Schadensereignis beschädigten Sondereigentums. Für die Anspruchentstehung reicht es somit aus, dass das Sondereigentum beschädigt worden ist, so lange es im Eigentum des Veräußerers steht. Wenn die Sanierungsleistung später, nach Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch als Eigentümer, durchgeführt wird, ist dies für die Anspruchentstehung im Sinne des § 95 Abs. 1 VVG unerheblich. Der Anspruch auf Erstattung der Trocknungskosten ist bereits mit Schadenseintritt entstanden.

Rechtsanwalt B. Zager

Kurzzeitkennzeichen werden regelmäßig für einen bestimmten, im Versicherungsvertrag genannten, Halter ausgestellt. In dem zur Entscheidung anstehenden Fall weigerte sich der Haftpflichtversicherer einen Schaden zu ersetzen, den ein anderer Fahrer mit dem Kurzzeitkennzeichen verursacht hat.
Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Stuttgart, hatte bereits dargelegt, dass die Weitergabe eines Kurzzeitkennzeichens an einen Dritten nicht dazu führen kann, dass der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag für das Kurzzeitkennzeichen auf den Dritten übergeht oder ausgedehnt wird.

Der Bundesgerichtshof bestätige diese Rechtsprechung. Der Haftpflichtversicherungsschutz für Kurzzeitkennzeichen gilt nicht, wenn ein anderer Halter mit einem Fahrzeug unterwegs ist, als der, der im Versicherungsschein aufgeführt wurde.

Auf Kurzzeitkennzeichen ist die Rechtsprechung zum Versicherungsschutz roter Kennzeichen für den Kfz-Handel übertragbar. Es gilt für Kurzzeitkennzeichen insbesondere:

  • Ein Kurzzeitkennzeichen soll es ermöglichen, dass der Versicherungsnehmer ein in seiner Obhut befindliches Fahrzeug für einen bestimmten Zweck einer Prüfungs-, Probe- oder Übungsfahrt kurzfristig mit einem Kennzeichen versehen kann;
  • Es steht bei Abschluß des Versicherungsvertrages (noch) nicht fest, um welches Fahrzeug es sich konkret handelt;
  • Deshalb ist ein Bezug des Versicherungsnehmers zum Fahrzeug Voraussetzung für die Versicherung;
  • Vom Versicherungsvertrag können deshalb nur Fahrzeuge des nach dem Vertrag vorgesehenen Versicherungsnehmers erfaßt sein.

Der Bundesgerichtshof wies ausdrücklich darauf hin, dass im Versicherungsschein ein namentlich benannter Halter als Versicherungsnehmer aufgeführt werde. Der Wortlaut regele eindeutig, dass die Versicherung für eine ganz bestimmte Person, nämlich diese benannte Person, genommen ist. Nachdem es einen verbreiteten Handel mit Kurzzeitkennzeichen gibt, der eine Mißbrauchs- und Betrugsgefahr eröffnet, hat der Versicherer auch ein berechtigtes Interesse daran, nur für solche Versicherungsnehmer Deckung zu gewähren, die in diesem Zusammenhang noch nicht auffällig geworden sind (vgl. BGH IV. ZR 429/15).

Rechtsanwalt B. Zager