Wirksamkeit der Regelung zur Herabsetzung des Krankentagegeldes gem. § 4 Abs. 4 MB/KT

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Die Krankentagegeldversicherung gewährt Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfall, soweit dadurch eine Arbeitsunfähigkeit verursacht wird.

Im Versicherungsfall ist der Versicherer verpflichtet, den, als Folge von Krankheit oder Unfall, durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall durch das vereinbarte Krankentagegeld zu ersetzen. Nach überwiegender Auffassung ist die Krankentagegeldversicherung eine Summenversicherung, da Einkommensminderungen nicht automatisch zu einer Minderung des Entschädigungssatzes führen, sondern nur zu einem Anpassungsrecht des Versicherers für die Zukunft. Die Einordnung als Summenversicherung hat insoweit Bedeutung, als ein Schaden weder vorausgesetzt noch nachgewiesen werden muss. Dementsprechend sind die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes zur Schadensversicherung und insbesondere die Vorschrift des versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot (§ 200 VVG) nicht anwendbar. Die in den Vertragsbedingungen beinhaltete Regelung des § 4 Abs. 4 MB/KT gestattet es dem Versicherer, seine Leistung einseitig für die Zukunft herabzusetzen, unabhängig davon ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht. Hierfür ist Voraussetzung, dass das Nettoeinkommen des Versicherten unter der Höhe des dem Vertrag zu Grunde gelegten Einkommens gesunken ist. Die Herabsetzung von Krankentagegeld und Beitrag erfolgt dann entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen.

Das OLG Karlsruhe hat nunmehr in einem Urteil vom 23.12.2014 (Aktenzeichen: 9 U 15/14) festgestellt, dass die einseitige Anpassung von Krankentagegeld und Beitrag im Falle des Absinken des durchschnittlichen Nettoeinkommens unter den der Erstbemessung des Krankentagegeldes zu Grunde liegenden Betrages durch den Versicherer unter Berufung auf § 4 Abs. 4 MB/KT, unwirksam ist. Nach Ansicht des OLG Karlsruhe seien die Regelungen in § 4 Abs. 4 MB/KT unwirksam, da sie dem Versicherungsnehmer entgegen dem Gebot des von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und im Übrigen gegen das Transparenzgebot verstoßen.

Die Regelung in § 4 Abs. 4 MB/KT berücksichtige die Interessen des Versicherungsnehmers nicht angemessen. Aus § 4 Abs. 4 MB/KT sei der Zeitraum, innerhalb dessen der Versicherer berechtigt ist das Krankentagegeld herabzusetzen, nicht ersichtlich. Die frühestmögliche Wirkung der Herabsetzung beginnt entsprechend der Regelung in § 4 Abs. 4 MB/KT zu Beginn des zweiten Monats nach Kenntniserlangung des Versicherers vom Absinken des Nettoeinkommens an. Soweit diese Frist dem Versicherungsnehmer schützen solle und ihm die Chance ermöglicht sich auf die neue finanzielle Situation einzustellen, wäre es Interessengerecht den Eintritt zwei Monate nach Zugang einer entsprechenden Erklärung beim Versicherten zu vereinbaren. Ein letztmöglicher Zeitpunkt einer Herabsetzung ist dagegen in den Bedingungen nicht geregelt. Die Klausel schließt es nicht aus, dass der Versicherer auch nach Ablauf der Zweimonatsfrist die Herabsetzung erklärt. Der Versicherer kann also mit der Herabsetzung ohne weiteres bis zum Eintritt eines Versicherungsfalles abwarten und bis dahin Prämien für ein Risikoschutz Vereinnahmen, bei dem sich das Risiko bekanntermaßen nicht realisiert hat. Nach Eintritt des Versicherungsfalles ließen sich dann Leistungen und Prämien herabsetzen für ein bekannt realisiertes Risiko. Damit würde jedenfalls bei Selbstständigen, deren Einkommen regelmäßig Schwankungen unterworfen ist, das Äquivalenzverhältnis der Leistungen nachträglich einseitig änderbar. Eine Regelung die auf die Interessenlage des Versicherten Rücksicht nimmt, sei den Bedingungen nicht zu entnehmen.

Auch würde dem Interesse des Versicherten auf eine spätere Erhöhung von Krankentagegeld und Beitrag, nach einer früheren Herabsetzungen wegen eines verminderten Nettoeinkommens, zumindest bei selbstständig tätigen nicht hinreichend Rechnung getragen. Der Versicherer hätte in seinem Regelwerk ein, an sich legitimes, Anpassungsverfahren in einer Weise umgesetzt, die im wesentlichen Teil auf Kosten des Versicherungsnehmers geht. Dessen Belange beim Vertrauensschutz zu Beginn des Verfahrens seien nicht hinreichend berücksichtigt.

Den Verstoß gegen das Transparenzgebot begründet das OLG Karlsruhe damit, dass für den beruflich selbstständigen Versicherungsnehmer die Entwicklung seines Versicherungsschutzes kaum absehbar sei. Zum einen sei unklar, welcher Stichtag für die Berechnung des Nettoeinkommens aus dem Durchschnittseinkommen der letzten zwölf Monate maßgeblich sein soll. Auch ist der Begriff des Nettoeinkommens bei Selbstständigen unbestimmt und auch in der Rechtsprechung und Lehre umstritten. Wie sich der Betrag letztendlich berechnet ist aus den Bedingungen nicht zu ersehen. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 MB/KT, der dem Versicherungsnehmer aufgibt unverzüglich eine Minderung seines Nettoeinkommens mitzuteilen, soweit diese nicht nur vorübergehend ist, ist bei Selbstständigen problematisch. Jedes Einkommen in einer konkreten Höhe eines Selbstständigen ist naturgemäß nur vorübergehend. Demnach ist für den Versicherungsnehmer nur schwer einzuschätzen wann eine Vertragsanpassung droht.

Rechtsfolge des Verstoßes sei dem Unwirksamkeit der Klausel bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Versicherungsvertrages im Übrigen. Damit würde, zumindest in diesem Fall, die Reduzierung des Krankentagegeldes durch die Versicherung einer vertraglichen Grundlage entbehren und sei unwirksam.

Fazit: Falls der Krankentageldversicherer eine Anpassung nach § MB/KT durchführt, ist eine rechtliche Überprüfung unumgänglich.

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