BGH: Anspruch des Kindes auf Auskunft über Identität des anonymen Samenspenders

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In einer in den Medien vielbeachteten Grundsatzentscheidung hat der BGH die Rechte von Kindern gestärkt, die durch eine sogenannte künstliche heterologe Insemination (Samenspender ist nicht der Ehemann oder Partner einer festgefügten Partnerschaft) gezeugt wurden.

Der BGH hat nun entschieden, dass diese Kinder einen Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) haben, denn sie seien in den Schutzbereich des Behandlungsvertrags zwischen Klinik und Eltern einbezogen. Hinzukommen muss jedoch ein Bedürfnis des Kindes an der Information über den anonymen Samenspender, was nach BGH immer der Fall sei, wenn die Eltern zum Zweck der Information des Kindes diese Auskunft wünschen. An ein Mindestalter des Kindes ist der Anspruch nicht gebunden.

Allerdings muss die Erteilung der Auskunft für der Auskunftspflichtigen zumutbar sein, weshalb eine Einzelfallabwägung erforderlich sei. Dabei ist nach dem BGH zu berücksichtigen, dass der Auskunftsanspruch des Kindes Ausfluss seines verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist und dazu diene, eine Information zu erlangen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit von elementarer Bedeutung sein kann. Andererseits sind auch die rechtlich geschützten Interessen des Auskunftsverpflichteten zu berücksichtigen. Die Berufsausübungsfreiheit des Reproduktionsmediziners habe in diesem Zusammenhang keine maßgebliche Bedeutung. Zu berücksichtigen sei aber die ärztliche Schweigepflicht, soweit sie dem Schutz Dritter (Samenspender und Kindeseltern) dienen soll. Soweit dem Samenspender – den ärztlichen Richtlinien entsprechend – vom Arzt keine Anonymität zugesichert worden ist, habe er sich des Schutzes seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung selbst begeben. Andernfalls stehe diesem Recht das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung gegenüber, dem regelmäßig ein höheres Gewicht zukommen werde.

Berücksichtigt werden müssen auch mögliche Auswirkungen der Auskunft auf die private Lebensgestaltung des Samenspenders, nicht dagegen seine wirtschaftlichen Interessen.

Sollten die Eltern im Behandlungsvertrag einen Verzicht auf Auskunft mit der Klinik vereinbart haben, wirkt sich dieser Verzicht nicht zu Lasten des Kindes aus.

Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen, da mit Kenntnis der Identität des anonymen Samenspenders bei Anfechtung der Vaterschaft zum rechtlichen Vater Unterhalts- und Erbansprüche geltend gemacht werden können.

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