BGH: Verwirkung von Kindesunterhaltsansprüchen
Der BGH hat am 31.01.2018 entschieden, dass ein nicht geltend gemachter Kindesunterhaltsanspruch grundsätzlich schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes (§ 207 Abs. 1, Satz 2 Nr. 2 BGB) verwirkt sein kann. Allerdings kann das bloße Unterlassen der Geltendmachung oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung allein noch nicht zur Verwirkung führen.
Eine Verwirkung von Ansprüchen steht immer dann im Raum, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser auch in Zukunft sein Recht nicht geltend machen werde.
Bei Unterhaltsanforderungen werden keine strengeren Anforderungen an das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment gestellt als bei anderen Ansprüchen. Von einem Unterhaltsgläubiger, der auf die Unterhaltsleistungen angewiesen ist, muss eher als von einem anderen Gläubiger erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht. Andernfalls können rückständige Unterhaltsansprüche zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. So wird bei Unterhaltsrückständen das Zeitmoment als erfüllt angesehen, wenn Zeitabschnitte betroffen sind, die mehr als ein Jahr zurückliegen.
Daneben müssen aber besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment). Dieser Vertrauenstatbestand kann nicht durch reinen Zeitablauf geschaffen werden, so dass ein bloßes Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners auslöst. Für dieses Umstandsmoment ist der Unterhaltspflichtige beweispflichtig.
Klargestellt hat der BGH in seiner Entscheidung, dass die für die Verjährung geltende Regelung des § 207 BGB (Hemmung bis Eintritt Volljährigkeit) eine Verwirkung nicht ausschließt.
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