Prüf- und Bearbeitungsdauer des Versicherers bei einem Verkehrsunfall

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Regelmäßig gewinnt man den Eindruck, dass bei einem Verkehrsunfallereignis ein Kfz-Haftpflichtversicherer entweder die Regulierung bewusst verschleppt oder über so eine geringe Personaldecke verfügen muss, dass die Regulierungszeiträume – auch bei einfach gelagerten Sachverhalten – immer länger werden.

Nach Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist dem Kfz-Haftpflichtversicherer auch in einfach gelagerten Fällen ein „angemessener“ Prüf- und Bearbeitungszeitraum einzuräumen. Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug, z. B. der Einbeziehung eines ausländischen Versicherers, sind hinzu noch die entsprechenden zeitlichen Bestimmungen der Kraft-Haft-Richtlinie der EU zu beachten. Bei schwierigen Sachverhalten und komplexen Themen bzw. Haftungsfragen ist die angemessene Frist höher zu bewerten. Wie lang eine angemessene Frist bei einem „normalen“ Verkehrsunfallereignis anzusetzen ist, wird bei den verschiedenen Oberlandesgerichten nicht einheitlich betrachtet.

Das Oberlandesgericht Hamm stellte in einem Beschluss vom 12.06.2015 (11 W 47/15) fest, dass die von der Versicherung in Anspruch genommene Prüffrist von insgesamt mehr als 7 Wochen zu lang war.

Hingegen sehen das Oberlandesgericht Koblenz im Beschluss vom 18.02.2015 (12 U 757/14), das OLG Frankfurt in dessen Beschluss vom 02.12.2014 (7 W 64/14), das saarländische Oberlandesgericht in dessen Beschluss vom 09.02.2010 (7 W 26/10) und das Oberlandesgericht Dresden in dessen Beschluss vom 29.06.2009 (7 U 499/09) jeweils eine Prüfungsfrist von 4 bis 6 Wochen bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall als angemessen an. Handelt es sich um einen schweren Verkehrsunfall, kann die Prüfungszeit länger dauern. Nach dem Oberlandesgericht Köln, wie in dessen Beschluss vom 31.01.2012 (24 W 69/11), ist die Dauer einer angemessenen Prüfungsfrist ebenso mit 4 bis 6 Wochen anzusetzen, bei Beteiligung eines Mietwagenfahrzeuges ist die Frist jedoch mit mindestens 5 Wochen zu bestimmen.

Nach dem Oberlandesgericht Stuttgart ist es bei einem einfach gelagerten Verkehrsunfall dem Geschädigten zuzumuten, eine Regulierungsfrist von mindestens 4 Wochen ab konkreter Schadensbezifferung, d. h. nach Vorlage des Gutachtens oder der Reparaturkostenrechnung, abzuwarten (Beschluss vom 26.04.2010, 3 W 15/10). Restriktiv ist die Auffassung des Oberlandesgerichts München, das eine regelmäßige Maximalfrist von 4 Wochen ansetzt (OLG München, Beschluss vom 29.07.2010, 10 W 1789/10).

Fazit:

Die angemessene Regulierungsdauer bei einem Verkehrsunfallereignis wird unterschiedlich bewertet und ist immer vom Einzelfall abhängig. Je nachdem wie komplex das Unfallereignis war, wie viel Unfallbeteiligte vorhanden sind und wie schwierig die Haftungsbeurteilung ist, ist von anderen Bearbeitungszeiträumen auszugehen. Im Allgemeinen ist dem Haftpflichtversicherer jedoch zumindest ein Bearbeitungszeitraum von 4 bis 6 Wochen zuzubilligen, selbstverständlich nachdem er die entsprechenden Unterlagen zur Prüfung vorliegen hat. Rechtsanwalt B. Zager

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