Kindesunterhalt: Erwerbsobliegenheit und volle Haftung des betreuenden Elternteils

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Schuldet ein Unterhaltspflichtiger Minderjährigen Kindesunterhalt, dann stellt sich oft die Frage nach einem Verstoß gegen eine Erwerbsobliegenheit.

Gerade bei Selbständigen stellt sich diese Frage oft. Von ihnen wird nach der Rechtsprechung u.U. verlangt, dass sie ihre Tätigkeit aufgeben, wenn über Jahre hinweg nur Verluste erwirtschaftet wurden oder eine anderweitige nachhaltige Sicherung des Unterhalts ausgeschlossen ist. Dabei werden alle Umstände des Einzelfalls abgewogen. Zusätzlich wird dem Unterhaltspflichtigen eine Karenzzeit zugebilligt, die bis zu zwei Jahre betragen kann.

Es gibt aber Fälle, dass selbst dann der eigentlich Unterhaltspflichtige keinen Unterhalt zahlen muss – wenn nämlich der betreuende Elternteil in der Lage ist, ohne Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung eigenen angemessenen Selbstbehalts aufzubringen. Die ständige Rechtsprechung setzt hier zusätzlich voraus, dass ohne die Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstehen würde. Das OLG Dresden hat in einem solchen Fall kürzlich wieder die Ansicht des BGH verdeutlicht, wonach ab dem dreifachen unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des betreuenden Elternteils zum unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils es normalerweise der Billigkeit entspricht, den betreuenden Elternteil auch den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe aufbringen zu lassen (vgl. OLG Dresden, 20 UF 875/15; BGH FamRZ 2013,1558). Darunter scheidet eine vollständige Enthaftung des eigentlich Barunterhaltspflichtigen jedoch aus.

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